Entwurfsverfasser Landschaftsarchitektur:
Thomas Dietrich, Planergruppe GmbH Oberhausen, Essen
Mitarbeiter: Bianca Porath, Melanie Rost
Fachplaner/Bauleitung: Architektur: habermann.decker.architekten PartGmbB
am Bau beteiligte Firmen: Ringbeck GmbH, Garten- und Landschaftsbau
Auftraggeber/Bauherr: Peter-August-Böckstiegel-Stiftung
Bearbeitungszeitraum: 2015 - 2018
Juryurteil:
Die Freianlagen am Peter-August-Böckstiegel-Museum sind von einer großen Einfachheit und Klarheit geprägt. Inspiriert vom Leben und Werk des westfälischen Expressionisten, gelingt den Verfassern mit nur wenigen Elementen eine überzeugende Raumkomposition. Die Blühwiese greift ein typisches Motiv der umgebenden Landschaft auf und inszeniert die leicht ansteigende Topografie des Ortes. Sie umschließt den Museumsbau und lässt ihn seine skulpturale Wirkung entfalten. Das auf der Wiese gesetzte Raster der Obstbäume wurde aus dem Bestand entwickelt. Damit entstehen sowohl schattige als auch sonnige Plätze. Fast beiläufig formt sich ein Raum mit hoher atmosphärischer Qualität.
Im Gegensatz zur bäuerlichen Natürlichkeit von Wiese und Bäumen durchzieht ein artifiziell geformter Weg die Anlage. Mit seinen großzügigen Bewegungen ermöglicht er immer wieder veränderte Perspektiven auf Haus und Garten. Seine polygonale Figur im Wechsel zwischen Enge und Weite erinnert an die expressive Formensprache Böckstiegels. Die beiden Sitzplätze sind ebenfalls von dieser gestalterischen Idee inspiriert. Wie auch die Detaillierung und Materialität der gesamten Anlage strahlen sie Ruhe und Bescheidenheit aus. Auf diese Weise ist mit sparsamen Mitteln ein eindrucksvoller Freiraum mit einer poetischen Ausstrahlung entstanden, der sehr schlüssig mit dem Museumskonzept harmoniert.
Projekterläuterung:
URSPRÜNGLICH – ERDVERBUNDEN – HANDWERKLICH
Das Umfeld des neuen Museums Peter August Böckstiegel in Werther
Das Museumsprojekt
Peter August Böckstiegel (1889 – 1951) war ein deutscher Maler und Vertreter des westfälischen Expressionismus.
Böckstiegel blieb Zeit seines Lebens – wie die von ihm gewählten Bildmotive eindrucksvoll belegen – mit seinen Eltern, den Nachbarn und seiner westfälischen Heimat eng verbunden. So stellen das von ihm künstlerisch gestaltete Eltern- und Wohnhaus zusammen mit seinen Kunstwerken ein einzigartiges Gesamtkunstwerk dar. Um das künstlerische Lebenswerk Böckstiegels in angemessener Art zugänglich zu machen, hat es sich die Peter-August-Böckstiegel Stiftung zum Ziel gesetzt, in unmittelbarer Nähe zum Böckstiegel-Haus einen musealen Erweiterungsbau zu errichten.
Die Gesamtplanung (Wettbewerbsarbeit)
Ursprünglichkeit und die Einfachheit des bäuerlichen Lebens in seiner Heimat haben Peter August Böckstiegel stark geprägt. Diese Bodenständigkeit und das Erdverbundene finden Ausdruck in seinen Werken. So wird das bäuerliche Umfeld seines Eltern- und späteren Wohnhauses immer wieder zum Motiv für seine Malerei.
In Nachbarschaft zu seinem Geburtshaus bettet sich der Neubau des Böckstiegel-Museums in das landwirtschaftlich geprägte Umfeld ein. Das Museum schält sich, so die Beschreibung der Architekten hsd aus Lemgo, wie ein Findling, ein einzeln liegender, durch Naturgewalten geschliffener Stein aus dem Hang der Obstwiese heraus.
Dem Ansatz der Ursprünglichkeit und Einfachheit folgt die Konzeption des Freiraums, der den Museumsneubau in das Umfeld des ehemaligen Wohnhauses integriert. Wir nehmen die vorhandenen, bäuerlich anmutenden Strukturen auf und stärken sie in ihrer einfachen Klarheit. In dem Motiv der Streuobstwiese finden sich der Wechsel von hoher und geschnittener Feldflur und schließlich die im Raster stehenden Korngarben wieder. Das Neue legt sich vorsichtig über diese Basis und wird so ablesbar.
Die Materialien und Formen der Rasenwege und Ortbetonflächen mit Besenstrichoberfläche sind auf das Einfache reduziert und lassen den Herstellungsprozess erkennen. Die ursprüngliche Handwerklichkeit ist das Gestaltungsprinzip. Die Wege zum und am Museum liegen als neue Schicht auf dem Gelände auf. Horizontale Ebenen schweben über dem geneigten Wiesenhang. Die Nutzflächen am Gebäude sind aus der Geometrie des Daches entwickelt. Als „Splitter“ liegen sie losgelöst vom Museum in der Wiese.
Die Obstbäume stellen den heutigen produktiven Landschaftsaspekt dar. Aus dem Bestand heraus haben wir ein unregelmäßiges Raster entwickelt und durch Neupflanzungen ergänzt. So knüpft das Raster der Obstbäume an das Motiv der aufgereihten Korngarben an. Es bildet zudem die Grundlage für wechselnde Mähbilder, die der Nutzung angepasst werden. So werden z.B. die Baumachsen freigestellt oder für Veranstaltungen kleine Lichtungen gemäht. Die Blickbeziehung zwischen Böckstiegelhaus und dem neuen Museum wurde durch das Entfernen einzelner, unpassender Ziergehölze hergestellt.
Durch die Obstwiese führt ein gemähter, mit feinem Schotter stabilisierter Weg, der an ausgesuchten Blickpunkten einfache Anlässe zum Aufenthalt bietet. Blickbeziehungen zum Böckstiegelhaus, in und durch den angrenzenden Wald, entlang des Waldsaums – Bildmotive Peter August Böckstiegels – werden nachvollziehbar. An den Weg angebunden findet sich ein „grünes Klassenzimmer“ für die Museumspädagogik mit Blick auf das Geburtshaus.