Bitte warten Sie.
Ihre Datei wird zum Server gesendet.


Farbe in der neuen Mitte Salem -Vielfalt in klarer Struktur

Salem

Die Gemeinde Salem – bekannt durch sein Kloster mit Internatsschule – setzte ab 2018 südlich des Schlosssees seine „Neue Mitte“ um. Sie besteht aus dem Neubau des Rathauses, eines Einkaufs- und Ärztezentrums, einer Parkanlage zum Schlosssee sowie einem Wohnquartier.

Die Planungsaufgabe umfasst die Planung und Umsetzung der Eingrünung des Wohnquartiers mit dessen Boulevards als fußläufige Erschließung sowie deren Querstraßen. Ruhender Verkehr ist weitgehend in Tiefgaragen untergebracht. Somit werden im öffentlichen Raum kaum Fahrzeuge wahrgenommen, was der Eingrünung einen entsprechend hohen Stellenwert einräumt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, aber auch den Möglichkeiten der relativ kleinen Kommune entgegen zu kommen, wurden die Belagsflächen relativ schlicht und funktional angelegt. Optisch herausstechend und prägend für das Bild des Wohnquartiers ist hingegen die Bepflanzung.

Die 6 m breiten Boulevards in Nord-Süd-Ausrichtung wurden aufgeteilt in 2 m breite barrierefreie Gehstreifen mit Betonpflaster. Die weiteren 4 m breiten Streifen wurden als multifunktionale Flächen mit Rasenfugenpflaster angelegt. Gegliedert werden diese durch die Pflanzung von insgesamt 80 Alleebäumen, Pflanzflächen, Sitzmöblierung und Fahrradparkern. Die Möblierung und Pflanzflächen sind so angeordnet, dass ein Parken auf den Boulevardflächen nicht möglich ist. Dabei wurde bewusst auf Poller verzichtet.

In den Querstraßen wurden Gehwege mit Längsparkplätzen und Pflanzzonen für Bäume mit Unterpflanzung angelegt. Pflanzquartiere als Fahrbahneinengung wirken verkehrsberuhigend. Entlang der Zugänge zu Doppelhäusern konnte ein Mehrzweckstreifen mit Baumpflanzungen in Abstimmung mit den Anwohnern realisiert werden.

Unter dem Aspekt der Klimaanpassung wurde das Pflaster (mit hohem Anteil an Recyclingbeton) in hellen Farben gewählt, das sich im Farbton auch an den Klinkerfassaden der Gebäude orientiert. Die Bäume erhielten im Untergrund große Wurzelräume mit Spezialsubstrat und oberflächlich Rasenfugenplaster, sodass möglichst viel Niederschlagswasser in den Wurzelraum gelangt. Durch die Exposition des Wohnviertels fällt der Schatten der Bäume weitestgehend auf die Gehwege. Im Schatten angeordnet sind verschiedene Sitzmöglichkeiten. Die Rasenfugen wurden nicht nur mit Rasensaatgut angesät, sondern auch mit einer Biodiversitätsmischung aus dem Bereich der Dachbegrünung, Sedumarten und blühende Wildstauden, „angereichert“. Zudem wurden Geophyten wie wilder Crocus und Weinbergshyazinthen in den Pflasterfugen als Frühjahrsaspekt ergänzt.

Die Staudenpflanzung wurde unter vielerlei Aspekten zusammengestellt. So sollte eine möglichst insektenfreundliche, ganzjährig attraktive, trockenheitsresistente, dauerhafte, pflegeleichte und den jeweiligen Lichtverhältnissen angepasste Pflanzung erstellt werden, die darüber hinaus auch einen hohen Anteil an heimischen Stauden verwendet.

An die Lichtverhältnisse angepasst wurden fünf Pflanzmodule mit Stauden, Kleingehölzen und Zwiebeln entwickelt. Je nach Lichteinfall erhielt jeder Straßenzug Leitstauden mit akzentuierten Farbaspekten. Schattige Bereiche sind heller bepflanzt, sonnige Bereiche hingegen mit dunklen Violett- und Blautönen. Dabei unterscheiden sich die jeweiligen Straßenzüge wieder in der Zusammensetzung, sodass sie als individuell bepflanzt wahrgenommen werden. Die Farbigkeit bietet so Abwechslung und Orientierung im Viertel.

Bereits im ersten Jahr nach der Pflanzung überraschte eine reichhaltige Geophytenblüte die Anwohner. Durch die unterschiedlichen Module entstehen im Quartier im Lauf der Jahreszeit verschiedene Farbspiele und Höhenabwicklungen, die eine wohltuende Abwechslung zur harten Bebauung bringen. Die Trockenperiode im Sommer 2022 war der Pflanzung nur unwesentlich anzusehen. Hummeln und Schmetterlinge hingegen waren reichlich an den unzähligen blühenden Stauden vorhanden. Im Herbst konnten das Herbstlaub sowie silbergraue Stauden, gepaart mit weißen und violetten Astern, den Herbstnebel wegwischen.


Lageplanausschnitt neue Mitte Salem © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


Frühjahrsaspekt © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


Sommeraspekt © Christian Seng, 365° freiraum + umwelt, 2022


Herbstaspekt © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


Pflasterdetail © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


begrünte Pflasterfugen © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


Pflanzplan Modul Boulevard West © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


Pflanzung Modul Boulevard West © Dietmar Gutermann, 365° freiraum + umwelt, 2022


Erdhummel an Witwenblume © Christian Seng, 365° freiraum + umwelt, 2022


Entwurfsverfasser
Christian Seng
365° freiraum + umwelt

Mitarbeiter
Mitarbeiter*innen: Dietmar Gutermann, Manuela Gutermann, Alexandra Haslinger, Johannes Schmid


Fachplaner / Bauleitung
Straßenbau: Ingenieurbüro Langenbach
In der Au 11
72488 Sigmaringen

am Bau beteiligte Firmen
Fritz Müller GmbH
Garten- und Landschaftsbau
Feuchtmeyerstraße 25
88250 Weingarten


Auftraggeber | Bauherr
Gemeinde Salem
Bürgermeister Manfred Härle
Am Schlosssee 1
88682 Salem Bodensee

Bearbeitungszeitraum
2019-2022

Planungs- / Baukosten
1,5 Mio EUR