© Gartenschau Eppingen 2022. Planung: Maik Böhmer, Planorama Landschaftsarchitektur, Berlin. © Foto: Nikolai Benner

© Matthias Dümmer • Riehl Bauermann + Partner

© Werner Lengemann • Stadtarchiv Kassel

© Nikolai Benner • LOMA architecture . landscape . urbanism

© Nikolai Benner • LOMA architecture . landscape . urbanism

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© LOMA architecture . landscape . urbanism • LOMA architecture . landscape . urbanism

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Entwurfsverfasser Landschaftsarchitektur:
Wolfgang Schück, ARGE LOMA architecture . landscape . urbanism + RB+P Landschaftsarchitektur Bauermann Otto Ludwigs Partnerschaftsgesellschaft mbB, Kassel
LOMA architecture . landscape . urbanism (Leistungsphasen 2 bis 5), Petra Brunnhofer, Ilija Vukorep, Wolfgang Schück

Mitarbeitende
LOMA (Leistungsphasen 1 bis 5): Franziska Marquardt, Sabrina Campe, Anna-Lena Brandebusemeyer

RB+P Landschaftsarchitektur (Leistungsphasen 6 bis 8): Matthias Dümer, Felix Huth

weitere Planungsbeteiligte
HAZ Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Kassel, Ingenieurbüro für Gebäudetechnik, Oskar Winter, Kassel
Daten CO2-Bilanzierung: Universität Kassel, FB 06 ASL, ATLAS urban mining, Christine Baumgartner, Christina Vaupel

am Bau beteiligte Firmen:
Zedler Baugesellschaft mbH

in Auftrag gegeben von:
Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH), Niederlassung Nord

Nutzerin
mhk – Museumslandschaft Hessen Kassel (ab Mai 2023 Hessen Kassel Heritage)

Bearbeitungszeitraum:
2018 – 2022

Fläche:
ca. 2000 m²

Planungs-/Baukosten:
1,3 Mio. Euro

 



 

Juryurteil:

Die Gustav-Mahler-Treppe führt vom Kasseler Friedrichsplatz hinunter in die Karlsaue. Die 1964 zur documenta III fertiggestellte Anlage aus Waschbetonplatten hatte zuletzt einen desolaten Anblick geboten, sie war zudem kaum noch begehbar. In der Stadt wurde lange debattiert, ob die Treppe im Stil des Brutalismus erhalten werden sollte. Immerhin hatte sie seinerzeit die barocke Struktur des Rosenhangs und auch die Gartenanlage von Hermann Mattern, die zur Bundesgartenschau von 1955 entstanden war, geradezu radikal überformt. Für den Erhalt gaben die Seltenheit von landschaftsarchitektonischen Bauten aus den Sechzigerjahren und Überlegungen im Sinne einer nachhaltigen Weiternutzung von Bestandsbauten eine entscheidende Rolle. Es wurde beschlossen, die historischen Platten zu reinigen und soweit möglich wiederzuverwenden, um Anforderungen von Denkmalpflege und Ressourcenschutz zu genügen.

Von dem 1600 Quadratmeter großen Plattenverband mussten lediglich 200 Quadratmeter nachgegossen werden. Um die Sicherheit für die Nutzer:innen der Treppe zu erhöhen, wurde die seitliche Treppenanlage um Leuchten und einen Handlauf (mit LED-Leuchten) ergänzt. Die Jury lobt die Herangehensweise der ARGE aus den beiden Kasseler Büros Loma architecture landscape urbanism und Riehl Bauermann Partner Landschaftsarchitekten (seit Mai 2023 RB+P Landschaftsarchitektur Bauermann Otto Ludwigs Partnerschaftsgesellschaft mbB), eine Zeitschicht zu erhalten, die in der öffentlichen Meinung oft pauschal als wenig ansehnlich kritisiert wird und deshalb überproportional von Abriss betroffen ist.

Das Ergebnis überzeugt: Zum einen, weil es mit der Substanz des Bestandes vorbildlich umgeht. Zum anderen, weil es vor Augen führt, welche ästhetische Qualität Bauten des Brutalismus entwickeln können, wenn sie gepflegt werden. Die Treppenanlage präsentiert sich mit geradezu skulpturaler Wucht, die bei Dunkelheit durch das Lichtkonzept gekonnt in Szene gesetzt wird. Die Ergänzungen, die das Büro vorgenommen hat, fügen sich zudem harmonisch in das Gesamterscheinungsbild ein.

 

Projekterläuterung:

VERORTUNG UND HISTORIE

Die Gustav-Mahler-Treppe liegt an der Hangkante von Friedrichsplatz in die barocke Karlsaue und wurde als Hauptverbindung der Stadt Kassel in die historische Parkanlage gebaut. Sowohl die barocke Grundstruktur des sogenannten Rosenhangs als auch die Planungen von Hermann Mattern zur Bundesgartenschau (1955) wurden an dieser Stelle von der neuen Treppenanlage radikal überschrieben. Planung und Ausführung erfolgte durch Landschaftsarchitekt Hans-Herbert Westphal, Hannover. Die Treppe wurde seit ihrer Eröffnung zur documenta III im Jahr 1964 baulich nicht verändert und war dem Verfall preisgegeben. Lediglich der Rahmenbau, ein Kunstwerk der Architekten- und Künstlergruppe Haus-Rucker & Co. wurde 1977 im Zuge der documenta VI integriert.


DISKUSSION DER DENKMALWÜRDIGKEIT UND FRAGEN DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT

Im Zuge der Planungen wurde eine intensive Auseinandersetzung ob der Zukunftsfähigkeit der vorhandenen Schichten in der weitläufigen Parkanlage geführt. Kann eine in der breiten Bevölkerung als grob empfundene bauliche Anlage aus billigen Waschbetonplatten überhaupt denkmalwürdig sein? Die zu sanierende gärtnerische Struktur von Hermann Mattern mit seinem lokalen Sandstein und üppigem Pflanzbild stand in der Diskussion der „Béton-brut“-Treppe gegenüber. Die Entscheidung fiel nach langwieriger Abwägung zugunsten von Erhalt und Ertüchtigung der Westphal-Struktur. Gerade die Seltenheit von landschaftsarchitektonischen Artefakten im Entwurfsgedanken des Brutalismus zwischen den Jahren 1960 und 1970 spielten aus Sicht des Denkmalschutzes nun eine Rolle. Die zeitaktuell drängenden Fragen zur CO2-Bilanz von Bauteilen aus Beton und das Denken in Lebenszyklen und Laufzeiten von Betonbauwerken bildeten aus Gründen des Klimaschutzes einen tragenden Baustein in der Debatte. Barocke Grundstruktur, Zeitschicht Bundesgartenschau 1955 und auch die Zeitschicht der Treppe Mitte des 20. Jahrhunderts wurden gleichermaßen als erhaltenswert eingestuft. Die Gustav-Mahler-Treppe konnte nun im Sinne einer Verbesserung von Barrierefreiheit und Lichtführung stimmig aktualisiert werden.


DENKMAL DES BRUTALISMUS UND NEUE HINZUFÜGUNGEN

Im Zuge der Trümmerbeseitigung des Bombardements des zweiten Weltkriegs wurde der Schutt der Kasseler Oberneustadt mittels Loren über die Hangkante verbracht. Die Konstruktion des Betonbauwerks der Gustav-Mahler-Treppe überspannt diesen labilen Horizont aus Kriegsschutt. Die Unterkonstruktion der Treppenanlage mit ihren Stufen, Plätzen und Podesten bestand aus 25 cm Stahlbeton auf 5 cm Magerbeton und 20 cm Kies. Der 1600 m2 große Plattenverband wies unterschiedliche Formate von 100x100 cm, 75x50 cm, 50x50 cm, 50x25 cm und 25x25 cm auf. Durch fehlende Stufenfixierung war die Gangbarkeit der Anlage durch Verschiebungen kaum mehr gegeben. Die oberirdischen Bauteile wurden ausgebaut, gereinigt und im bestehenden Duktus wieder eingebaut. Jeweils die obere und untere Stufenreihe wurde mit dem Betonfundament verankert. Das Ziel war die Wiederverwendung des historischen Materials aus denkmalpflegerischer Sicht mit gleichzeitigem Fokus auf Schonung von Ressourcen. Die CO2-Bilanz der Baumaßnahme konnte möglichst gering gehalten werden. Durch geschickte Wiederverwendung und Anpassungen im Einbau mussten lediglich 200 m2 an Plattenbelägen und 5 m Stufen nachgegossen werden.


BARRIEREFREIHEIT UND BESTANDSERHALT

Um das Bild des homogenen Treppenkörpers aus Waschbeton in seiner Stringenz zu erhalten und gleichzeitig die Anforderungen an Barrierefreiheit zu verbessern, wurde eine Differenzierung in den Oberflächen vorgenommen. Zwischen hellen Bestandsstufen aus Leinekies und den grau-bunten Belägen aus Weserkies wurde ein taktiler Streifen aus hellem Beton eingespannt. Das glatte, kontrastierende Orientierungsband am Anfang und Ende der Stufenpakete optimiert deren Erkennbarkeit.


LICHTKONZEPT UND LICHTHANDLAUF

Das minimalistische Beleuchtungs- und Farbkonzept sah eine Schichtung von Mastleuchten und LED-Lichthandlauf, reversibel gemäß Charta von Venedig, seitlich vom Betonkörper vor.

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