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Historie
Wenige Häusergruppen bilden im Schutz der mittelalterlichen Burg den Ursprung von Dringenberg mit seinen heute 1.400 Einwohnern im Teutoburger Wald/Eggegebirge. Ab 1300 ließ Bischof Bernard zu Lippe den 300 m über NN gelegenen Bergrücken roden und errichtete dort eine wehrhafte Spornburg. Die Burg wurde während des Dreißigjährigen Krieges niedergebrannt. Nach Wiederaufbau um 1650 und weiteren Umbau- und Renovierungsarbeiten um 1700 diente sie bis ins 19. Jh. als Sommerresidenz der Bischöfe des Paderborner Bistums. Die benachbarte Zehntscheune zeugt von damaligen Machtverhältnissen, in der die Bauern ihren Zehnten entrichten mussten.
Stein und gefaltete Topografie
Die Freilegung der versunkenen Ruinenteile und die räumliche Vernetzung über deren Schnittstellen stellte eine große Herausforderung im Entwurfs- und Bauprozess dar. Zwei Ruinenkammern im neuen Burggarten konnten mit dem baumbestandenen Vorbereich an der Zehntscheune barrierefrei verbunden werden. Vergessene Artefakte, wie das mittelalterliche Pferdetor, wurden im Bauverlauf entdeckt und in das Ensemble integriert. In die Schräglage der ersten Ruinenkammer ist nun eine geschichtete, extensive Rasenterrasse als steinernes Passstück eingeschrieben. Zur besseren Nutzbarkeit als Auditorium wurde es in Waage gelegt, die Übergänge sind barrierefrei. In der zweiten Ruinenkammer dominiert der Schlund des Pferdetors und führt mit seinem neuen Hohlweg in den verwunschenen Burgpark des 19. Jh. Ein extensiv-archaischer Ausbaugrad mit Splittrasen und Grand bilden die Oberflächen des Flächendenkmals. Örtlicher Naturstein in steinmetztechnischer und geschnittener Form sind die Materialien für Mauern und Bänke. Gebrochenes Altmaterial wurde in Sanierung und Gestaltung wiederverwendet.
Entwicklungsplan Burgberg
Der Burgberg ist eine gewachsene Einheit aus steinernen Bauteilen und Landschaftsstrukturen. Ein gesamtheitlicher Entwicklungsplan mit sechs Zonen (I-VI) wurde entwickelt, der Entscheidungshilfe zur Pflege des Burgwaldes, der Entwicklung Umfeld Zehntscheune und des Entrées Burghof ermöglicht. Burgvorplatz und Zehntscheune bilden den Kernbereich des „Gesamtkunstwerks Burgberg“, diese wurden im Bauabschnitt I baulich umgesetzt.
Dörfliche Autonomie und Synergieeffekte
Die Stützung der letzten Dorfgastronomie, ein Dorfladen und die Neufassung des Burgmuseums bilden flankierende Maßnahmen. Das Burgvorfeld stellt den zentralen Ort im dörflichen Gemeinschaftsleben dar. Neben Verbesserungsmaßnahmen für die älteren Generationen wurde das Burgareal für das Vereinswesen einladender und barrierefreier gestaltet. Das jährliche, überörtlich bedeutsame Burgschützenfest musste über robuste Oberflächen gesichert werden. Gleichzeitig soll der neue Ruinengarten für Einwohner und Tagestouristen einen grünbetonten Charakter aufweisen.
Förderprogramme im ländlichen Raum
Das Projekt wurde aus den EFRE (Europäischer Fond f. reg. Entwicklung) finanziert, die Planungen als „Bottom-up Projekt“ mit den örtlichen Akteuren in zwei Dorfwerkstätten abgestimmt. Beide Veranstaltungen erfuhren eine bemerkenswerte Resonanz in der Bevölkerung. Die sachlichen Diskussionen begleiteten die entwurflich-strategischen Setzungen im Diskurs. Parallel dazu erfolgte der Abgleich mit Naturschutz, Denkmalpflege und der Prospektion des Flächendenkmals (5.000 m2).
Bodenarchäologie und Bauen im Prozess
Ziel der bodenarchäologischen Untersuchung war die zerstörungsfreie Analyse des Burgumfelds hinsichtlich obertägig unsichtbarer archäologischer Strukturen. Der geologische Untergrund wird von Muschelkalkbänken mit eingestreuten Sandsteinlinsen gebildet. Das Baufeld im Bereich der sog. Burgfreiheit war bis ins 19. Jh. durch eine Mauer von der restlichen Bebauung abgetrennt. Die Fundamentreste des vormaligen Burgensembles bildeten sich aufgrund von Schutthorizonten nur vage ab, die baubegleitende Bodenarchäologie brachte daher laufend neue Erkenntnisse, die Planung wurde prozessual im Bauverlauf fortgeschrieben.
Steinerne Passstücke und gefaltete Topografie: Herausforderung im Entwurfs- und Bauprozess war die Freilegung und Vernetzung der versunkenen Ruinenteile. Ein gesamtheitlicher Entwicklungsplan mit sechs Teilbereichen wurde erarbeitet. © Nikolai Benner/LOMA, LOMA, 2024
Treffpunkt und Auditorum auf der Burg. Statt der vormals deutlichen Schräglage ist der ersten Ruinenkammer ist nun eine geschichtete Rasenterrasse als steinernes Passstück eingeschrieben. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Wesersandstein und Muschelkalk. Neue Stellstufen hinab zum Burgwald wurden in den Mauerbestand eingefügt. Eine zugeschnittene Rinne führt Regenwasser zur Gosse aus wiederverwendeten Bruchsteinen. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Neben der Wiederherstellung der historischen Topografie war die barrierefreie Verbindung zwischen erster und zweiter Ruinenkammer ein wesentliches Ziel. Mit einer steinernen Bank konnte die freigelegte Ruinenkammer gefasst werden. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Bild 7 Der Schlund des freigelegten Pferdetors und führt über den neuen Hohlweg in den verwunschenen, mauerbegleitenden Burgpark des 19. Jahrhunderts. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Inszenierte Blickführung durch das neu geöffnete Pferdetor zum Erkerbau des Bischofszimmers. Um den Erddruck auf die historische Ringmauer zu nehmen, wurde die Verfüllung mit Schutt zurückgebaut. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Wiederverwendetes Altpflaster aus Wesersandstein mit geschnittener Oberfläche, Verbindung von Alt und Neu über steinerne Rinnen und Querabschläge. © Nikolai Benner, LOMA
Der Vorplatz der Zehntscheune mit seinem geschnittenen Natursteinpflaster sollte in seiner Oberfläche rau und archaisch bleiben, jedoch barrierefrei nutzbar. Das Vorfeld bildet Aufstellflächen für das Burgschützenfest. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Blick über den wiederhergestellten Burggraben zu Burgfreiheit und Ruinengarten. Wiederaufbau und Sanierung der abgerutschten Ringmauer im topografisch gestaffelten Duktus. © Nikolai Benner, LOMA, 2024
Arbeiten mit dem Stein und dem Ort, neue Erkenntnisse während der bodenarchäologischen Untersuchung führten zu laufenden Anpassungen der Planung im Bauverlauf. Die Burg ist nun barrierefrei für die Dorfgemeinschaft erschlossen. © LOMA, 2024
Entwurfsverfasser:innen
Wolfgang Schück
LOMA architecture . landscape . urbanism
Mitarbeitende
Petra Brunnhofer + Ilija Vukorep + Wolfgang Schück
Architekten, Landschaftsarchitekt, Stadtplaner PartG mbB
MA: Sabrina Campe, Franziska Marquardt
Fachplanung / Bauleitung
LPH 6-8: RB+P Landschaftsarchitektur, Kassel - Jonas Otto, Martin Dietz
Statik - Fehling + Jungmann GmbH, Kassel
Prüfstatik - Thormählen + Peukert, Paderborn
am Bau beteiligte Firmen
Firma Tewes Straßen- und Tiefbau GmbH, Bad Driburg
Firma Mathis Naturstein GmbH & Co. KG, Bad Driburg
Kreative Gärten Böhner & Straubel GmbH, Bad Driburg
Wesersandstein Jahn, Bad Karlshafen
Muschelkalk, Kirchheimer Natursteinwerke
Auftraggebende | Bauherrschaft
Stadt Bad Driburg - Amt 66
Am Rathausplatz 2
33014 Bad Driburg
Bearbeitungszeitraum
05/2019 - 12/2023
Planungs- / Baukosten
635.000 Euro