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Eine neue Lebensader für Wangen - 6 km Argenrenaturierung

Wangen

IN DER PROVINZ PASSIERT'S
Wangen war schon immer ein pittoreskes Städtchen. 27.000 Einwohner leben und arbeiten dort, umgeben von herrlich grünen Hügeln des Allgäus. Die Argen, ein Fluss 1. Ordnung, fließt am Rand der Altstadt entlang. Ursprünglich die Lebensader und der Gründungsfunke für Wangen, wurde sie im Laufe vieler Jahrzehnte gestaut, verbaut, begradigt und damit jeglicher Dynamik und Lebendigkeit enthoben.
Vor annähernd 10 Jahren machte sich die Stadt auf, diesen Negierungsprozess zu ändern. Die Argen sollte wieder zugänglicher und lebendiger Teil der Stadt werden. Eine erste Vorstudie zeigte die Potentiale auf und es wurde klar, dass die Renaturierung und Reintegration der Argen nicht nur der zentrale Fokus eine Gartenschau werden sollte, sondern auch das Potential hat, langfristige Verbesserung der Lebensqualität für die ganze Stadt zu bewirken.

EINE LEBENSADER MIT VIELEN FUNKTIONEN
Die Vorstudie hatte den Fluss auf einer Länge von fast 6 km Länge untersucht, etwa die Hälfte davon führten an der Innenstadt und dem Landesgartenschaugelände entlang, der Rest lag in den westlichen und östlichen Außengebieten. Dabei wurden die wichtigsten Funktionen untersucht und ein Gesamtkonzept entwickelt:
HOCHWASSER
Ein Blick auf die Hochwasserkarte zeigt, dass die gefährdeten Bereiche in der Stadt wesentlich durch mehr Retentionsvolumen am Oberlauf, also vor der Altstadt im Bereich „Hinteres Ebnet/Südring“, entlastet werden können. Die Erhöhung des Retentionsvolumens in diesem Bereich wurde kombiniert mit dem Zulassen von mehr Flussdynamik. Dazu wurden Grundstücke von der Stadt erworben und „schlafende Ufersicherungen“ am maximalen Ausbreitungsbereich des Flusses eingebaut. Mehr Überflutungssicherheit führt zu mehr Biodiversität – Synergien gesucht und gefunden!
BIODIVERSITÄT
Der wesentliche Erfolgsaspekt einer hohen Biodiversität in Flussprojekten ist das Zulassen von Dynamik. Ein Aspekt, der unserer Nutzung der Landschaft in der Regel konträr gegenübersteht. Trotzdem war genau dass das Ziel: Eine nachhaltig lebendige, aktive Auenlandschaft mit einer Vielzahl sich kontinuierlich verändernden Lebensräumen und damit eine hohe ökologische Produktivität und hohes Artenreichtum. Wie kann das erreicht werden:
A) Terrestrische Biodiversität
Interessant ist, dass die Karte der geschützten Biotope Wangens den Flussverlauf nachzeichnet. Man erkennt daran, wie wichtig der Fluss für die Vernetzung ist. Die Erweiterung der geschützten und dynamischen Uferbereiche schafft hier eine wichtige Verbesserung. Zur Unterstützung dieses erweiterten Lebensraums wurden weitere Uferrandbereiche als Habitate entwickelt. Z.B. wurde die seltene Schwarzpappel als Leitbaumart verwendet und um sicherzustellen, dass nur genetisch regionale Pflanzen verwendet werden, wurden Stecklinge aus dem Mündungsbereich der Argen geschnitten, vorgezogen und im gesamten neuen Flussabschnitt eingepflanzt.
B) Aquatische Biodiversität
Dynamik, Dynamik, Dynamik lautet das Mantra, um die Auenlandschaft zu revitalisieren und eine ganz neue Art der Biodiversität zu ermöglichen. So wurde die Überflutungshäufigkeit für größere Auenflächen durch Vorlandabsenkungen und Profilaufweitungen erhöht. Dies initiiert dynamische Erosionsprozesse, unterstützt durch vielfältige Strukturen wie Pfahl- und Steinbuhen aber auch Hufeisen (hufeisenförmige Steinformation im Flussbett), Flachwasserzonen, Altarme oder die ingenieurbiologische Ufersicherung. Ständig werden so kleinteilig und temporär Habitate geschaffen oder verändert. Im Fluss selbst lag der Fokus auf Fischen (Seeforelle) und dem Makrozoobenthos.
DER MENSCH
Die Zugänglichkeit an den Fluss wurde über eine Vielzahl an Maßnahmen erreicht. Insbesondere durch das Vehikel Gartenschau wurden erstens zusätzliche Finanzmittel generiert, zweitens Flächen gesichert und entwickelt und drittes gab es einen Fertigstellungstermin. So entstanden neue Parks, Nutzungen, Wege, Einblicke und Naturerlebnisse entlang der Argen.

Insgesamt entstand eine neue Lebensader für viele Generationen in dynamischer Gemeinschaft für Menschen, Flora und Fauna


Integration pur - neues Flussland mit angrenzendem neuen Park © Kai Rüdel, Henning Larsen GmbH, 2024


Naturerlebnis im Fluss © Tobias Baur, Henning Larsen GmbH, 2024


Im neuen Stadtgarten den renaturierten Fluss genießen © Gerhard Hauber, Henning Larsen GmbH, 2024


Argenerweiterung und Integration dynamischer Habitate- auch im engen Stadtgebiet © Kai Rüdel, Henning Larsen GmbH, 2024


Habitatdiversität im Fluss und (links) Retentionsbereich im Hochwasserfall © Sarath Sarasan, Henning Larsen GmbH, 2024


Brückenübergang / Ingenieurbiologische Einbindung in den Fluss © Sarath Sarasan, Henning Larsen GmbH, 2024


Renaturierte Argen mit vielfältigen Habitatstrukturen / Blick auf LGS-Gelände © Kai Rüdel, Henning Larsen GmbH, 2024


Diagramm zur Erklärung Flussdynamik und Habitatvielfalt © Kai Rüdel, Henning Larsen GmbH, 2024


Abendstimmung am Fluss mit Freitreppe © Sarath Sarasan, Henning Larsen GmbH, 2024


Übersichtsplan Argenrenaturierung in Wangen in Allgäu © Jasmin Marschall, Henning Larsen GmbH, 2024


Entwurfsverfasser:innen
Gerhard Hauber
Henning Larsen Landscape.Water.Sustainabilty, Überlingen

Mitarbeitende
Tobias Baur, Jasmin Marschall, Sarath Sarasan,

Peter Geitz
Geitz & Partner GbR, Stuttgart

Mitarbeitende
Thomas Kusche, Andreas Eisner, Simone Krieger,


Fachplanung / Bauleitung
Ingenieurbau/Infrastruktur:
Ingenieurbüro Dr.-Ing. Koch Bauplanung GmbH, Kempten
Michael Schuchert, Jürgen Zeller
Biodiversität:
365° freiraum + umwelt, Überlingen
Jochen Kübler
Fischereiexperte Ralf Haberbosch

am Bau beteiligte Firmen
Fa. Josef Hebel GmbH Co.KG, Memmingen (Abschnitte 1-3,5-6)
Fa. Köhle GmbH, Bas Schussenried (Abschnitt 4)


Auftraggebende | Bauherrschaft
Landesgartenschau Wangen im Allgäu 2024 GmbH
vertreten durch Herrn Karl-Eugen Ebertshäuser

Bearbeitungszeitraum
2017 - 2024

Planungs- / Baukosten
5.500.000,00